Von Author: Isabell Baumann | |
Category: Aktuelles

Interview Ann-Kathrin Simon I Teamleitung der Straßensozialarbeit

Fragen: Josina Moll
Foto: Straßenkinder e.V.
Wetter: regnerisch, 15°C

 

STRAKI – Was motiviert dich, bei Straßenkinder e.V. zu arbeiten?

ANN-KATHRIN – Mein Motor ist Nächstenliebe, mein Treibstoff ist Hoffnung. Und das finde ich auch wichtig für diese Arbeit – genau wie fachliche Kompetenz und eine professionelle Arbeitshaltung. Das ist die Mischung, die Straßenkinder e.V. ausmacht und das motiviert mich, genau in diesem Verein zu arbeiten. Die Zielgruppe in der Straßensozialarbeit – viele unterschiedliche junge Menschen – mit je ganz individuellen Biografien – liegen mir sehr am Herzen und es ist mir wichtig, ihnen Raum und Zeit zu geben. Es ist mir ein Anliegen, den jungen Menschen authentisch und individuell zu begegnen, Wertschätzung, Akzeptanz und Annahme sowie Hoffnung und Liebe zu vermitteln und – sofern erwünscht – Orientierung zu bieten, zur Aktivierung zu ermutigen und zu begleiten. Die Arbeit in einem so motivierten und engagierten Team wie hier und mit so vielen verschiedenen jungen Menschen im Straßenkontext, erachte ich als so wertvoll, dass ich schon viel länger als ursprünglich geplant, bei Straßenkinder e.V. arbeite.

STRAKI – Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

ANN-KATHRIN – Mein Arbeitsalltag ist ein wilder Mix aus koordinierenden Aufgaben, Besprechungen mit Teamkolleg*innen und natürlich Treffen mit Klient*innen (Einzeltermine, Gespräche zur psychosozialen Entlastung, Finden geeigneter Wohnform, Klärung behördlicher Angelegenheiten, Begleitung zu Behörden/Institutionen oder einfach mal ein „Dönerdate“ zum Quatschen) und/oder Netzwerkpartner*innen, Präsenz im Beratungsbüro, Streetwork (z.B. Essensausgaben am Alexanderplatz, ein Plattenbesuch oder Rundgang), mal einem Workshop, mal einem Arbeitskreis, Fallbesprechungen, Weiterdenken und Fragen beantworten. Ich würde das so zusammenfassen: Hoffnungsbringer, Wegbegleiter, Überblickbehalter.

STRAKI – Was war dein Highlight im Jahr 2021?

ANN-KATHRIN – Es fällt mir schwer, mich auf ein Highlight zu beschränken: Ein Highlight war auf jeden Fall die Einführung unseres Workshop-Days. Neben allen Angeboten der Not- und Grundversorgung ist es uns wichtig, aktivierende Angebote vorzuhalten, damit die jungen Menschen ihre Potentiale (wieder-)entdecken und entfalten können. Wir hatten das im Vorfeld bereits innerhalb anderer Formate, aber ein Tag, an dem sich all unsere Angebote darauf konzentrieren, in Gemeinschaft aktiv zu sein, hat sich als sehr gute und wirksame Maßnahme erwiesen. Sowohl die Mitarbeitenden als auch die Klient*innen profitieren von diesem Tag, der an Talenten, Interessen und Potentialen orientiert ist. Hier finden z. B. Holzwerkstatt, Pferdepflege, Kreativangebot, Museumsbesuch, Fotoshootings, Kochkurs, Sportangebot u.v.m. statt. Ein weiteres Highlight war, dass unser Team erweitert werden konnte und wir somit unser breit gefächertes Angebot weiter ausbauen und auf noch mehr Schultern verteilen konnten. Und immer wieder und besonders – so auch 2021: eine Fahrt ins Kanucamp (trotz Corona möglich) – es sind ganz wunderbare Prozesse in den Klient*innen aufgebrochen, an denen sie auch zurück im Berliner Alltag dranblieben. So hat es eine Klientin, die wir schon über mehrere Jahre immer wieder begleiten durften, endlich geschafft, sich zu einer Therapie zu entschließen und hält diese schon sehr lange durch, worüber sie sich selbst wundert und wir uns freuen. Das sind die wahren Highlights, wenn Leute in ihrem Leben persönliche, positive Durchbrüche erleben, und wir daran teilhaben dürfen!

STRAKI – Was wünscht du dir für das kommende Jahr?

ANN-KATHRIN – Ich wünsche mir, dass die Klient*innen und wir weiterhin so weitgehend gut von Corona verschont bleiben wie bisher, dass wir vielen jungen Menschen in ihrer Not begegnen können, ohne sie auf ihre Not zu reduzieren, dass fortlaufend Potentiale gefördert werden und junge Menschen Auswege aus ihrer Hoffnungslosigkeit finden. Außerdem wünsche ich mir, dass wir bei kleinen und großen Schritten begleiten und da sein können, wenn es gewünscht ist und wir gemeinsam mit den Klient*innen unsere Angebote so anpassen und neue Formate entwickeln können, dass es den jungen Menschen dienlich ist. Außerdem ist es natürlich wünschenswert, dass die Pandemie vorübergeht und es weiter vorwärts geht mit den Plänen der Erweiterung des Arbeitsbereichs.

Mehr interessante Fakten über den Straßenkinder e. V. findet ihr im aktuellen Jahresbericht.